Der Wechselrichter kommt nun doch an das Bordnetz
Als ich den Wechselrichter in Emma eingebaut hatte, hielt ich es für eine gute Idee, das bestehende 230-V-Bordnetz unberührt zu lassen und die Steckdosen des Wechselrichters getrennt zu betreiben. Das hat den Vorteil, dass man ohne großen Installationsaufwand auskommt. Der Nachteil ist, dass man sämtliche Verbraucher umstecken muss, wenn man vom Landstrom auf den Strom vom Wechselrichter wechselt. Außerdem gibt es jetzt nur sehr wenige (zwei) Steckdosen und es wäre sehr umständlich, wenn man neben alle vorhandenen 230-V-Steckdosen im Wohnmobil eine weitere einbaut, die nur mit dem Wechselrichter verbunden ist.
Also liegt der Entschluss fest: Das Bordnetz muss an den Wechselrichter. Doch jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Am Bordnetz hängen nicht nur die Steckdosen sondern auch der Kühlschrank und die Ladegeräte für die Batterien. Der Kühlschrank verbraucht im 230-V-Betrieb ziemlich viel Strom und würde die Batterie in kurzer Zeit leeren. Das ist nicht gut, aber noch nicht das größte Problem. Dieses stellen die Ladegeräte dar. Sie dienen zum Laden der Aufbau- und der Starterbatterie, wenn Emma am Landstrom hängt. Ersetzen wir nun den Landstrom durch den Strom vom Wechselrichter, haben wir die skurrile Situation, dass die Batterien den Strom liefern mit dem sie aufgeladen werden! Entweder ist das unsinnig, oder wir haben eben ein Perpetuum mobile erfunden!
Bevor wir uns auf dieses physikalisch unmögliche Terrain begeben, ist es sinnvoller, sich zu überlegen, wie man die beiden ungewollten Effekte vermeiden kann. Die Lösung finden wir in diesem Prinzipschaltplan:
Alle Verbraucher, die nicht vom Wechselrichter (WR) versorgt werden sollen, bleiben fest mit der Außensteckdose des WoMos verbunden. Nur die Steckdosen im Aufbau werden über den Wechselrichter, einen zusätzlichen Fehlerstrom- und Leistungsschutzschalter (FI/LS) und eine zusätzliche Netzvorrangschaltung (NVS) versorgt. Die NVS funktioniert als automatischer Umschalter. Wenn Landstrom anliegt, schaltet die NVS auf diesen um, so dass alle Geräte und Steckdosen am Landstrom angeschlossen sind. Liegt kein Landstrom an, kann der Wechselrichter eingeschaltet werden und die NVS schaltet nur die Steckdosen an den Wechselrichter an. Alle anderen Verbraucher bleiben ohne 230-V-Stromversorgung. So soll es sein.
Der Umbau war nicht kompliziert, schnell waren die Zuleitungen zu den Steckdosen gefunden (kleiner Trick: Eine Steckdose kurzschließen und die Zuleitung suchen, bei der ein Durchgangsprüfer Kurzschluss signalisiert) und der Umbau und Einbau der NVS und des FI/LS-Schutzschalters vorgenommen.
Hier ein paar Fotos von den Aggregaten:
Nach dem Umbau kommt der Test. Also erstmal nur den Wechselrichter einschalten und die Schutzschalter auf „Ein“. Kein Knall, kein Rauch, an der NVS leuchten die richtigen Lämpchen – wunderbar. Jetzt prüfen wir, ob auch tatsächlich Strom an den Steckdosen anliegt: Ein Ladegerät für das Handy dient als Testgerät. Ergebnis: Nichts, kein Mucks, das Handy wird nicht geladen. Sollte ich solch einen Unsinn verzapft haben? In der aufkeimenden Panik kommt mir der Gedanke, das Ladegerät doch mal an die gleiche Steckdose anzuschließen, die ich zum Herausfinden der Zuleitung vom Verteiler benutzt hatte. Ergebnis: Das Handy lädt!
Was war die Ursache? In Emma gibt es nicht nur einen Stromkreis für die Steckdosen, sondern zwei. Die Zuleitung für den zweiten Stromkreis war wie die erste schnell gefunden und siehe da, nach dem Zusammenschalten funktionieren alle Steckdosen wie gewünscht.
Auch am Landstrom klappt die Sache reibungslos.
Hier mal ein Lob an Hymer: Die Installation ist hervorragend ausgeführt. Alle Netzstromverbindungen sind mit Industriesteckern WINSTA MIDI von WAGO realisiert, die das Nonplusultra in der Welt der Elektroinstallation darstellen. Es macht richtig Spaß, da einzusteigen und Anpassungen nach den eigenen Wünschen vorzunehmen. Wenn Hymer es jetzt noch fertig brächte, an seine Kunden einen vernünftigen Stromlauf- und Installationsplan auszuliefern, wäre man im Bastlerhimmel – aber dann wäre es ja wieder viel zu leicht, schließlich ist das Ausknobeln der richtigen Lösung Teil des Vergnügens.
Der Plan, den Hymer in der Bedienungsanleitung abdruckt, sieht übrigens so aus:
Wie man sieht, weiß auch Hymer nichts von den zwei getrennten Steckdosenschaltkreisen.