Einbau eines Wechselrichters
Dieser Artikel befasst sich mit den elektrotechnischen Überlegungen, die angestellt werden sollten, bevor man zum Einbau eines Wechselrichter schreitet. Für diejenigen, die mit Physik oder Elektrotechnik bisher nichts am Hut hatten, gibt es hier eine Einführung.
Grundlagen
Ein Wechselrichter ist ein Gerät, welches die Gleichspannung des 12V-Bordnetzes in eine 230V Wechselspannung wandelt. Er hat also die Aufgabe, die bei uns üblichen 230V Netzspannung bereitzustellen, auch, wenn man nicht am Landstrom angeschlossen ist. Damit soll (neben der Solaranlage auf dem Dach) ein gewisses Maß an Autarkie erreicht werden.
Generell ist zu unterscheiden zwischen Sinus-Wechselrichtern, die eine Wechselspannung mit einer reinen Sinuskurve (1) erzeugen und solchen, die eine „modifizierte Sinuswelle“ (2) ausgeben. Der Begriff „modifizierte Sinuswelle“ ist ein typischer Marketing-Euphemismus, denn was eigentlich gemeint ist, hat mit einer Sinuswelle nicht viel gemein. Es ist meist eine sogenannte Rechteckkurve, deren Effektivspannung ebenfalls 230V beträgt. Im günstigeren Fall (3) hat die Welle dann noch etwas Ähnlichkeit mit einer reinen Sinuswelle. Bestimmte Verbraucher setzen voraus, dass sie an einen Netzanschluss angeschlossen werden, der eine saubere Sinuswelle ausgibt. Insbesondere moderne Netzteile für Computer usw. sind oft empfindlich in dieser Beziehung.
Da wir damit rechnen, solche empfindlichen Verbraucher anzuschließen, kommt nur ein Sinus-Wechselrichter in Frage
Anschluss an das Bordnetz
Eine weitere Entscheidung betrifft den Anschluss der vom Wechselrichter ausgegebenen 230V-Wechselspannung an die im WoMo bereits vorhandenen 230V-Steckdosen. Will man das tun, ist einiges zu beachten:
- Der Wechselrichter sollte eine sogenannte Netzvorrangschaltung (NVS) besitzen, die die Umschaltung zwischen Landstrom und Strom vom Wechselrichter automatisch vornimmt und den Wechselrichter ausschaltet, falls das WoMo am Landstrom hängt. Alternativ gibt es die NVS auch als externes Gerät.
- Die vom Wechselrichter kommende 230V-Spannung muss genau so abgesichert werden, wie die vom Landstromanschluss eingespeiste 230V-Versorgung, d.h. mit einem 16A-Sicherungsautomaten und einem Fehlerstrom-Schutzschalter.
- Der Einbau sollte unbedingt von einem ausgewiesenen Fachmann durchgeführt werden.
Ich habe mich deshalb dazu entschlossen, einen Wechselrichter einzubauen, der zwei eigene 230V-Steckdosen enthält und der deshalb das 230V-Bordnetz nicht berührt. In diesem Fall muss kein solcher Aufwand getrieben werden. Ich habe lediglich einen 150A-Sicherungsautomaten
zwischen die Aufbaubatterie und den Wechselrichter verbaut, der die Verbindung einfach per Knopfdruck trennen kann. Wechselrichter haben die unangenehme Eigenschaft, dass sie auch im ausgeschalteten Zustand (genau genommen ist das nur ein Ruhemodus) etwas Strom verbrauchen. Das ist an der Bordbatterie nicht schön.
Leistungsabschätzung
Der nächste Punkt, der beachtet werden sollte, ist der erwartete maximale Leistungsbedarf. Am Computer sitzen, um beispielsweise diese Webseite zu bearbeiten, erfordert unbedingt eine gewisse Grunddosis Kaffee. Eine übliche Kapselmaschine hat eine Nennleistung von etwa 1000W. Das Laptop-Netzteil fällt mit immerhin 60W auch etwas ins Gewicht. Dazu kommen diverse Ladegeräte, die wir pauschal mit weiteren 100W veranschlagen. Das macht in Summe 1160W. Wechselrichter gibt es meist in den Leistungsstufen 1300W, 1500W, 1800W, 2000W,… zu kaufen. Letztlich habe ich mich für einen Wechselrichter mit einer Dauerbelastbarkeit von 1500W entschieden, dann habe ich noch etwas Spielraum nach oben. Zu großzügig sollte man jedoch nicht dimensionieren, damit die Bordbatterie nicht überlastet wird (s. unten).

Berechnung der Stromstärke
Die Frage ist nun, welche Leistung der Batterie abverlangt wird. Leistung ist hier nicht das richtige Kriterium, bei der Batterie ist es eher die Frage nach der zu erwartenden Stromstärke. Wie kommt man dazu? Ganz einfach. Die Leistung P errechnet sich aus der Spannung U und der Stromstärke I nach der Formel
P = U⋅I (Leistung = Spannung ⋅ Stromstärke)
oder, wenn wir die Stromstärke I wissen wollen:
I = P / U (Stromstärke = Leistung / Spannung)
Wenn wir auf der 230V-Seite eine Leistung von 1500W verbrauchen, dann fließt da ein Strom von
I = 1500W / 230V = 6,5A
Das klingt doch garnicht so schlimm. Schauen wir uns die 12V-Seite an, sieht die Rechnung etwas anders aus. Der Wechselrichter hat einen Wirkungsgrad von etwa 90%, d.h. wir müssen etwas mehr Leistung in ihn hineinstecken, als wir herausbekommen. 1500W auf der 230V-Seite bedeuten also etwa 1667W auf der 12V-Seite des Wechselrichters. Die „verlorenen“ 167W gehen als Wärme in die Atmosphäre (das trägt jedoch nicht messbar zur Erderwärmung bei). Jetzt kommt wieder die gleiche Rechnung, wenn wir die benötigte Stromstärke errechnen wollen. Also
I = 1667W / 12V = 140A (!)
Das ist doch mal eine Ansage. Für 140A braucht man schon etwa fingerdicke Kabel, die möglichst kurz sein sollten. (Nach DIN EN 60228 benötigt man einen Kabelquerschnitt von 50mm2 also einen Durchmesser von 8mm für die Kupferseele.)
Berechnung der Batteriebelastung
Das nächste Problem ist, sich zu überlegen, wie lange man einer Batterie einen solchen Strom abverlangen kann. Das ist einfach zu errechnen: Wir haben Batterien mit einer Nettokapazität (das ist die Kapazität, die den Batterien entnommen werden kann, ohne dass sie Schaden nehmen) von 180Ah verbaut, d.h. sie können einen Strom von 180A für 1 Stunde liefern. Daraus lässt sich einfach errechnen, dass ein Strom von 140A über eine Zeitspanne von 1 Stunde und 18 Minuten entnommen werden kann:
180Ah / 140A = 1,3h = 1h 18min
Das ist nicht lange! Glücklicherweise muss die Kaffeemaschine nur immer ca. 5 Minuten laufen, um einen neuen Kaffee zu liefern. Also kommen wir mit etwa 150W Dauerleistung schon ziemlich weit. Und die können dann etwa 14 Stunden lang geliefert werden (wer es nicht glaubt, rechne es nach).
So, dass war jetzt etwas viel Technik. Hoffentlich lassen sich potentielle Bastler, die ebenfalls einen Wechselrichter nachrüsten wollen, nicht davon abschrecken. Versucht es einfach mal, es ist nicht so schwer, wie es aussieht.