Willkommen in der Camping-Hölle
So ähnlich denken wir beide, als wir auf dem Stellplatz Absberg am Kleinen Brombachsee ankommen. Wohnmobil reiht sich an Wohnmobil, die Reihen nehmen kein Ende.
Gut, wir haben den meteorologischen Sommeranfang, Pfingstferien und dazu noch Fronleichnam, der in Bayern Feiertag ist. Er fällt auch noch auf einen Donnerstag, was den morgigen Freitag zum Brückentag erhebt, oder das kommende Wochenende zu einem verlängerten adelt. Selbst schuld, wenn wir nichts Besseres zu tun haben, als an so einem Tag auf Reisen zu gehen. Es geschieht uns schon recht.
Eher lustlos fahren wir über den riesigen Stellplatz (angeblich gibt es hier Platz für 2000 Wohnmobile!) und haben nur den Plan im Kopf, dass wir diesen Wahnsinn wenigstens mal gesehen haben wollen. Es ist uns schnell klar, dass wir hier niemals bleiben wollen.
Wie wir so mit langen Gesichtern nach links und rechts schauen, fragt Rita plötzlich: „Schau mal, wäre der Platz da vorn nicht etwas?“. Und tatsächlich, in der hintersten Ecke sehen wir ein ziemlich großes freies Stück Land, an zwei Seiten von Hecken umgeben, nur ein unmittelbarer Nachbar, Rasen, fast ideal waagerecht. Da kann man doch nicht widerstehen und fährt drauf auf den Platz.
Länger als eine Nacht kommt ohnehin nicht in Frage, denken wir. Schließlich sind wir solch eine Menge Menschen auf einem Haufen so gar nicht gewohnt. Das hat nichts mit Corona zu tun. Wir haben schon immer die eher abgeschiedenen Plätze gesucht. Also lange kann das hier nicht gut gehen.
Kaum haben wir das WoMo verlassen und „Hallo“ zu den nächsten Nachbarn gesagt, werden wir in Gespräche verwickelt, man hilft uns beim Finden eines der wenigen freien Stromanschlüsse, unser nächster Nachbar, ein drahtiger Herr von immerhin 81 Jahren, borgt uns seine Gießkanne, so dass wir nicht erst zur Ver- und Entsorgungsstation fahren müssen, um per Schlauch Trinkwasser zu tanken.
Was ist denn hier los? Wir beschließen, es mal mit zwei Nächten zu versuchen — später werden daraus drei, was wir aber jetzt noch nicht wissen.
Am nächsten Tag umrunden wir den Kleinen und den Großen Brombachsee per Fahrrad. Die Tour ist abwechslungsreich, aber aufgrund des mit dem fortschreitenden Tag immer stärker werdenden Begängnisses auf dem Weg sind wir recht froh, als wir am frühen Nachmittag die knapp dreißig Kilometer beendet haben und an unserem Stellplatz ankommen.
Abends geht es dann — wir sind ja schließlich in Franken — lecker Schäufele essen und dazu ein Fränkisches Bier trinken.
So kann es weitergehen! Deshalb reift auch der Entschluss, am nächsten Morgen nicht weiter zu fahren, sondern die wunderschöne Gegend auf Schusters Rappen zu erkunden. So bleiben wir nun schon drei Nächte in der Camping-Hölle, in der es sich überraschend gut verweilen lässt. Nur der Wetterbericht dämpft unseren Optimismus.
Am nächsten Morgen ist noch alles in Ordnung. Die Sonne scheint und es geht nur ein leichtes Lüftchen. Also laufen wir los, zuerst in den Ort Absberg, um unsere Bargeldreserven aufzufüllen und dann in Richtung Brombachmoor. Wir genießen die einsame Wanderung durch die Wälder und kommen gerade noch mit dem beginnenden Regen zurück auf dem Stellplatz an.
Nach kurzem, heftigem Guss trocknen die Wandersachen schnell wieder vor dem WoMo.
Nachts öffnet Petrus die Schleusen und über den Stellplatz ergießen sich Sturzbäche. Die leichte Hangneigung zum See verhindert zuverlässig größere Wasseransammlungen. Wir konsultieren diverse Wetter-Apps, um für die nächsten Tage einen neuen Standort auszukundschaften. Es ist aber wie verhext: Entweder verspricht die Wetter-App ein paar Tage annehmbares Wetter für eine Region, aber wir finden in diversen Camping- und Stellplatz-Apps keinen vernünftigen Aufenthaltsort oder es ist umgekehrt. Grrrr…
Schließlich bleibt uns noch das niederbayerische Vilsbachtal, wo es einen Stausee mit angeschlossenem Campingplatz geben soll. Ebenso scheint der Wettergott hier langsam etwas bessere Laune zu bekommen, also nichts wie hin.
Der Campingplatz hat offenbar schon mal bessere Tage gesehen und der Stausee erweist sich als recht übel riechendes, nicht gerade einladendes Gewässer. Wir sind hier zwar in der „Erholungsregion Mittleres Vilsbachtal“, aber alles wirkt wie ausgestorben. Das große Freibad, welches, vermutlich aus hygienischen Gründen, neben dem Stausee gebaut wurde, sieht aus wie eine große Investitionsruine. Um es für die Saison zu eröffnen, braucht es offensichtlich viel Arbeit.
Auf dem Campingplatz befinden sich geschätzt 90% Dauercamping-Domizile, die mehr oder weniger schnell vor sich hin rotten. Außer uns haben wir nur einen weiteren Kurzbesucher gesehen und die Dauercamper haben scheinbar auch keine Lust, ihre verfallenden Hütten aufzusuchen. Uns kann’s egal sein, wir bekommen vom Platzwart einen schönen Platz unter Bäumen auf sauberem Rasen zugewiesen, der uns für eine Nacht sicher gefallen wird.
Eine Runde über den Platz und an den See ist so ziemlich alles, was wir hier unternehmen können.
Immerhin hat die Wetter-App nicht gelogen – am nächsten Tag erwarten uns Sonnenschein und angenehme Temperaturen.
Da hier so gar nichts los ist, fahren wir zum Schloss Haidenburg, einem imposanten Renaissancebau, der jedoch nicht besichtigt werden kann. Statt dessen machen wir eine kleine Wanderung durch die Wälder um das Schloss und begnügen uns mit dem einen oder anderen Blick durch die Bäume auf den Bau.
In Bad Birnbach halten wir noch einmal für einen Kaffee an und dann geht es wieder nach Hause.
Fazit
Unser Wohnmobil hat sich auf seiner ersten Fahrt bewährt und weil es so brav war, haben wir uns entschlossen, ihm den Ehrennamen Emma zu verleihen. Fragt uns nicht, warum Emma und nicht ein anderer Name: Wir wissen es nicht, es ist uns nur so in den Sinn gekommen ‾\_O_/‾.