
Komische Vögel und ein zu flinkes Schwert
Am nächsten Tag im Retzer Land laufen wir durch den Dominikanerwald, einen der selten gewordenen Eichenwälder, nach Niederfladnitz. Das dortige Schloss ist ein wenig attraktiver Bau, der ursprünglich ein Gutshof war und im 16. Jahrhundert durch kleinere Umbaumaßnahmen zu einem schlossähnlichen Gebäude erhoben wurde. Es ist im Besitz des weitläufigen Adelsgeschlechts derer von Waldstein-Wartenberg und kann leider nicht besichtigt werden. Der Ort Niederfladnitz macht einen ziemlich heruntergekommenen Eindruck und wir machen schnell wieder kehrt, um unseren Weg durch den stillen Eichenwald zu genießen. Ein sich machohaft gebärdender Straußenhahn, der mit ein paar Artgenossinnen in einer Straußenfarm am Wege lebt, gibt immerhin die Gelegenheit zu schönen Portraits des Vogels.
Wir verlassen das Retzer Land und fahren zur kleinsten Stadt Österreichs.
Die Stadt ist das Tor zum Nationalpark Thayatal und mit 84 Einwohnern ein ziemliches Kuriosum.
Unser Stellplatz liegt oberhalb der Stadt und so beschließen wir, zuerst eine Wanderung zum Einsiedlerfelsen an der Thaya zu machen. Der Felsen hat seinen sprechenden Namen von einer Einsiedler-Klause, die der reuige Ritter Uto von Hardtenstein im 12. oder 13. Jahrhundert bewohnt haben soll. Seine Reue kam von einem unbedacht geführten Schwertstreich, der – der Sage nach – seinen Sohn und seine Frau getötet hat. Von einem der Kreuzzüge heimgekehrt, vermutete er, seine Frau sei ihm untreu geworden, als er einen jungen Mann bei ihr erblickte. So ergab es sich nach eherner Ritterregel, dass er sein Schwert zückte, den vermeintlichen Unhold durchbohrte und seine Frau mit dem gleichen Stich so schwer verletzte, dass sie ihm nur noch zuflüstern konnte, dass er eben seinen eigenen Sohn ermordet hatte. Die Reue trieb den Ritter dann von der Steiermark, wo er seine Burg hatte, bis an die Thaya. Hier baute er sich seine Klause und soll ein recht beliebter Einsiedler geworden sein.
Oberhalb des rechten Ufers der Thaya gelangen wir dann in die winzige Stadt und erblicken zu unserer Überraschung die Auflösung des Rätsels vom 31. Juli.
Ein Kommentar zu “Komische Vögel und ein zu flinkes Schwert”
Sehr schöner Beitrag. Wieder was gelernt und von Winkeln erfahren, deren Existenz mir vorher nicht mal bewusst war. Der Herr mit dem langen Hals könnte glatt der Schlossherr sein, so kritisch wie er aus dem Blog „herausäugt“. Wünsche euch noch eine schöne Reise!